Core 001: Schnittpunkte
So war es zum Beispiel mit den rostigen Dampfmaschinen, die weiter vorne vor sich hin stanken. Niemand schien sich zu fragen, was solche Vehikel auf einer verdammten Schnellstrecke zu suchen hatten. Und diese Dampfmaschinen waren nicht die einzigen merkwürdigen Fahrzeuge hier, im Gegenteil. Uralte Modelle fuhren hier neben den neuesten Sportwagen, und gerade eben erst hatte er einen alten Planwagen überholt; manche Gefährte erkannte er nicht, sie waren kantiger geschnitten und wirkten bulliger als sein alter Laster. Die Fenster waren immer verspiegelt, und so konnte man den Fahrer nicht sehen.
Selbstredend kannte er diese seltsamen Dinge schon; er war nicht umsonst seit ewigen Zeiten Fernfahrer. Trotzdem verunsicherte ihn die Tatsache, dass scheinbar nur er das merkwürdig fand. Das gleiche galt für die Strecke selbst. Den Leuten konnte doch gar nicht entgehen, dass sie ab und zu ihren Verlauf änderte. Einmal etwa war er dreimal an der selben Stelle vorbeigekommen, als sei er im Kreis gefahren. Er wusste selbst nicht, warum er das bemerkt hatte. Eigentlich sah jeder Punkt entlang der Transitstrecke ungefähr gleich aus; auf einer Seite war die weit entfernte Front der Hochhäuser zu sehen, auf der anderen die kleineren Viertel, teilweise heruntergekommen, gegen den Horizont immer schmaller werdend. Aus einem dieser Viertel stammte er, dachte er meist, aber er war schon lang - wie lang? - nicht mehr dort gewesen. Auch die Hochhäuser hatte er nie aus der Nähe gesehen, aber die waren auch unwahrscheinlich weit entfernt. Aus dieser Entfernung ließ sich das nicht genau beurteilen, aber es hieß, aus der Nähe betrachtet würden sie eine nahtlose Mauer bilden, aber von hier aus sahen sie wie eine süße Verlockung aus, und das Licht spiegelte sich in ihren kleinen Fenstern.
Aber das war ihm auch gleich; er fuhr seine Lieferung, die Lieferung. Und wunderte sich über diese seltsamen Menschen, die das alles nicht zu bemerken schienen. Es geschah oft, dass die Strecke einen kleinen Knick machte, inzwischen fiel ihm das sofort auf. Schwierig wurde es nur noch, wenn sie sich plötzlich entschied, ihren Endpunkt zu verlagern oder eine Ausfahrt plötzlich verschwand und woanders wieder auftauchte. Dann musste er sich auf seine Instinkte verlassen; manchmal ließ er sogar das Steuer los und den Wagen selbst entscheiden, welche Route er nehmen wollte. Als sein Radio noch funktionierte, hatte der Sprecher einmal gesagt, das alles läge am Wetter; das war schon lange her, denn sein Radio war schon seit Jahrzehnten kaputt. Das heißt, es empfing durchaus noch etwas, aber es war ein großes Durcheinander. Wenn man es einschaltete, so hörte man viele Sender auf einmal, und das vertrugen seine Nerven nicht. Also hatte er das Radio irgendwann einmal ausgestellt.
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